Ein Interview mit Kai Bösing

Foto: Constantin Birken

Kai Bösing ist ein Fußballspieler, der bei Alemannia Aachen unter Vertrag steht und auch schon Profierfahrungen in der dritten Fußball-Bundesliga machen durfte. Der 26-jährige Student ist Mittelfeldspieler und Fanliebling. Leider war er in der Vergangenheit sehr oft verletzt. Uns hat er über diese schwierige Zeit berichtet. Außerdem durften wir vieles mehr für euch über ihn bei unserem Interviewtermin herausfinden!

Wie hast du dich gefühlt, als du heute wieder ein Schulgebäude betreten hast?

Dadurch, dass ich in Köln Sport und Deutsch auf Lehramt studiere, gehe ich gerne in die Schule – auch wenn ich damals nicht so gerne gegangen bin.

Was machst du in deiner Freizeit?

Wie würdest du deinen Spielstil in drei Wörtern beschreiben?
Offensiv, kreativ und technisch.

Du warst in letzter Zeit leider öfter mal verletzt. Wie gehst du mit solchen Rückschlägen um?

Das ist natürlich schwer, wenn man Fußball beruflich spielen möchte. Jetzt waren es ja mehrere Verletzungen in Folge. Es hat angefangen im November 2018 mit einem Knorpelschaden im Knie. Da konnte ich ca. vier Monate nicht spielen. Danach konnte ich sechs Wochen spielen und dann hatte ich einen Innenbandschaden im Knie, dieses mal ohne Operation. Dann war ich zur Vorbereitung wieder fit und habe für zwei Wochen gespielt und musste dann wieder sieben Wochen wegen meines Knies ausfallen. Durch diese ganzen Verletzungen schätzt man das Gesundsein viel mehr und ist dann auch froh wenn man wieder auf dem Platz stehen kann.

Wie ist es, wenn man sich immer wieder neu herankämpfen muss und andere Spieler, die neu dazugekommen sind, sich in den Fokus spielen?

Zum Glück habe ich mir durch die vorletzte Saison einen Stammplatz erarbeitet. Mein Trainer hatte mich nach dem Knorpelschaden auch direkt wieder spielen lassen. In den ersten Spielen dieser Saison lief es noch nicht so gut und dann kam unser Trainer auf mich zu und meinte: „Kai, werd mal bitte wieder fit!“. Da wusste ich, dass das Vertrauen von den Verantwortlichen da ist.

Wie fühlt sich das an, wenn man lange verletzt war, eingewechselt wird und direkt ein Tor schießt?

Dann weiß man, wofür man gearbeitet hat und warum man die Mühen mit der Reha auf sich genommen hat. Das ist das beste Gefühl aber, man ist auch sehr schnell müde, weil man kein Training hatte und man erst mal wieder Kondition aufbauen muss, bevor man lange auf dem Spielfeld stehen kann.

Warum bist du aus der dritten Liga in die Regionalliga gegangen? Und dann ausgerechnet zu Alemannia Aachen?

Bei Fortuna Köln habe ich nicht immer so gespielt, wie ich mir das selber vorgestellt habe und hatte auch wirklich nicht das Vertrauen des Trainers und habe dann auch nicht regelmäßig gespielt. Danach kam über meinen Berater das Angebot von der Alemannia. Dadurch, dass ich aus Aachen komme, war für mich schnell klar, dass ich nach Aachen wechsle, weil es mir unheimlichen Spaß macht, auf dem Tivoli zu spielen.

Wie war dein Verhältnis zum ehemaligen Trainer Fuat Kilic und deinen Mitspielern?

Im ersten Jahr war es angespannt aufgrund dessen, dass ich bei Fortuna Köln nicht immer gespielt habe oder nicht das umgesetzt habe, was der Trainer sehen wollte. Aber jetzt, seit drei Jahren ist das Verhältnis gut und wir arbeiten sehr vertrauensvoll miteinander. Fuat Kilic gibt mir gerade nach Verletzungen das Vertrauen und gibt mir Zeit, um wieder fit zu werden. Er hat auch direkt nach meiner ersten Verletzung meinen Vertrag um zwei Jahre verlängert. Das ist dann auch ein Zeichen, dass man wichtig ist und wertgeschätzt wird. Und in der Mannschaft hat man immer Mitspieler, mit denen man sich besser als mit anderen versteht, aber es gibt keinen, den ich nicht mag. Für mich gab es keinen Verein vor Alemannia Aachen, in dem man sich mit jedem gut verstanden hat. In den vorherigen Mannschaften gab es immer so Grüppchenbildungen und das hatten wir hier in Aachen bisher noch nicht und deswegen fühle ich mich sehr wohl hier.

Wie ist es, wenn man erfährt, dass nicht wieder die komplette Mannschaft ausgetauscht wird, sondern ein Teil der Mannschaft gehalten werden kann?

Das ist schon ein gutes Gefühl, weil man die Qualitäten der Mitspieler kennt und weiß, was eigentlich möglich ist. Es ist wichtig, den Kern der Mannschaft zu behalten, um eingespielt zu sein, auch wenn es jetzt am Anfang der Saison punktemäßig nicht so gut lief.

Macht es als Spieler auf dem Platz einen mentalen Unterschied, wenn weniger Fans da sind und Stimmung machen?

Man zieht schon etwas Motivation aus Fans, wenn viele da sind und wenn auch viele auswärts die Mannschaft unterstützen. Es beflügelt einen eher und es macht dann auch mehr Spaß unten auf dem Platz zu stehen und die Fans zu hören, wie sie einen supporten. Und auch Auswärts sind es eher Heimspiele für uns, weil unsere Fans so zahlreich immer wieder aufs Neue erscheinen.

Wenn am Tivoli ein Spiel ist, sind die Straßen rund um den Tivoli immer sehr voll. Viele genervte Menschen wollen, dass Fußballfans nur außerhalb eines bestimmten Radius parken dürfen. Wie siehst du das?

Ich glaube, es macht einfach schon Sinn, weil es generell viel einfacher ist und es sehr chaotisch ist, wenn viele Autos herum fahren. Es ist auch nicht gerade umweltfördernd, wenn da die meisten mit dem PKW anreisen. Ich würde es natürlich auch sehr begrüßen, wenn mehr Leute mit dem Fahrrad zum Spiel kommen anstatt mit dem Auto. Außerdem denke ich, dass die Zusammenarbeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine große Stütze sein könnte.

Bei welchem Mitspieler wärst du am traurigsten, wenn er den Verein verlassen würde?

Schwierige Frage… Da würde ich wahrscheinlich Steven Rakk nehmen, weil wir gute Freunde sind und auch denselben Sinn für Humor haben. Außerdem spielen wir beide im Mittelfeld. Aber ich könnte da einige aufzählen, mit denen ich sehr gut auskomme.

Viele Fußballer protzen mit großen Autos und anderen teuren Sachen. Wie siehst du den Beitrag von dem Weltmeister Benedikt Höwedes in seiner Kolumne auf T-Online, in dem er seinen Kollegen mangelndes Umweltbewusstsein vorwirft?

Ich kann das schon nachvollziehen, weil viele Fußballer schon sehr, sehr viel Geld verdienen. Da nehme ich uns aus der Regionalliga wirklich raus, weil wir nicht so viel Geld verdienen. Viele große Fußballer leben in so einer Blase und verlieren den Bezug zur Realität, weil manche dutzende Autos und andere teure Dinge haben. Ich kann da Benedikt Höwedes sehr gut verstehen. Ich glaube, wenn jeder das investieren würde, was er in Autos investiert und es für die Umwelt einsetzen würde, dann wäre schon vielen geholfen.

Wie findest du die Aktionen der „Fridays for Future“-Bewegung und vor allem die Sachen, die nicht erlaubt sind?

Natürlich sorgt es immer für mehr Aufsehen, wenn man etwas macht, das laut dem Gesetz nicht erlaubt ist. Allerdings bin ich da eher zwiegespalten, weil ich es einerseits verstehen kann, andererseits lassen viele dafür die Schule ausfallen, was nicht gut ist. Auch an einem Wochenendtag würde es genug Aufmerksamkeit erregen, sodass es in den Fokus rückt.

Bei welchem Verein konntest du für dich am meisten mitnehmen und wo hast du am meisten gelernt?

Ich würde Roda Kerkrade sagen, weil ich dort fast elf Jahre in der Jugend gespielt habe und nebenbei fließend Niederländisch gelernt habe. Auch fußballerisch habe ich in Kerkrade am meisten gelernt, weil ich viele Trainer dort hatte, die wirklich Einfluss auf meine Karriere gehabt haben.

Wenn man sich dieses Jahr wieder durch den Bitburger-Pokal für den DFB-Pokal qualifizieren hätte, wer wäre dein Wunschgegner aus der ersten und zweiten Fußball Bundesliga gewesen?

Letztes Jahr hatten wir mit Bayer Leverkusen schon einen sehr schönen Gegner, der auch viele Leute angezogen hat. Jetzt kann man natürlich von den Topvereinen wie z. B. Bayern München oder Borussia Dortmund reden, aber die Chance, dort weiter zu kommen, geht gegen Null. Ich würde mich wahrscheinlich eher über einen Zweitligisten freuen. Ohne jetzt keinen Respekt vor denen zu haben, aber gegen Gegner, wie Darmstadt oder Erzgebirge Aue, wäre es doch wahrscheinlicher eine Runde weiter zu kommen. Das gibt viel mehr Geld für den Verein und das würde auch deutlich mehr Aufmerksamkeit bekommen, wenn ein Viertligist in der zweiten Runde des DFB-Pokals stehen würde.

Wie sähe es mit deinem Lieblingsverein der ersten Liga, Borussia Mönchengladbach, aus?

Da würde ich direkt unterschreiben.

Die deutsche Jugendarbeit wird immer wieder kritisiert. Wie würdest du die Jugendarbeit in den Niederlanden und Deutschland vergleichen?

Im niederländischen Fußball wird mehr auf das Technische wert gelegt und in Deutschland wurde damals eher auf Größe geschaut. Ich habe mich auch deswegen als Kind für den Holländischen Fußball entschieden, weil dort auch viel mehr Fußball gespielt wurde als in Deutschland. Aber es gibt auch Punkte, an denen man sieht, was es für eine gute Jugendarbeit in Deutschland gibt, wenn man die WM 2018 mal außen vorlässt.

Viele Fußballer haben Rituale vor dem Spiel, gibt es bei euch in der Kabine irgendwelche Rituale oder hast du selbst welche?

Wir haben nach vier Siegen in Folge immer dieselbe Playlist laufen und unser ehemaliger Trainer ist auch sehr abergläubisch. Wenn wir z. B. gewinnen, dann möchte er, dass wir genau dieselben Trikots, Hosen und Stutzen tragen oder nach einem Sieg möchte er, dass das Trainerteam dieselbe Jacke wie beim Abschlusstraining anhat. Ich habe auch gewisse Rituale, z. B. dass ich zuerst den rechten Schienbeinschoner anziehe und erst den rechten Schuh und dann den linken. Es gibt auch ein sehr lustiges Ritual, und zwar hatte ich mal ca. vier Stunden vor einem sehr guten Spiel Käsekuchen gegessen. Den hatte die Oma meiner Freundin gebacken und ich hatte dann richtig gut gespielt. Seitdem essen wir vier Stunden vor jedem Spiel Käsekuchen von der Oma meiner Freundin.

Hast du damals als Kind ein Idol gehabt oder hast du immer noch eins?

ich fand damals Mario Götze sehr bewundernswert, weil er einen ähnlichen Spielstil wie ich hatte. Iniesta oder Lionel Messi, solche Spielertypen mag ich.

Wir bedanken uns für das Interview.

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